Was ist dran am Elektrosmog
Winfried Mueller, www.reintechnisch.de, Start: 28.01.2004, Stand: 22.11.2004
Das Thema Elektrosmog wird noch relativ selten in der Öffentlichkeit diskutiert. Viele bekommen es nur am Rande mit. Wenn darüber berichtet wird, so steht eine Frage oft im Mittelpunkt: "Sind die elektromagnetischen Felder von Handys, Handymasten, Hochspannungsmasten, Netzleitungen usw. gefährlich für den Menschen?"
Es gibt hier sehr widersprüchliche Aussagen. Manche behaupten, dass von all diesen Dingen keinerlei Gefahr ausgeht, weil sie die gesetzlichen Grenzwerte einhalten. Andere sagen, dass eine große gesundheitliche Bedrohung vorliegt, die man ernst nehmen muss.
Wo liegt nun die Wahrheit? Ich habe mich in den letzten Monaten recht ausführlich mit dem Phänomen beschäftigt. Hierzu habe ich ein dutzend Bücher gelesen, viel im Internet recherchiert, mit einigen Menschen online diskutiert, persönliche Gespräche mit Betroffenen geführt und vor allem viel experimentiert, gemessen und getestet.
Ich hätte Ihnen an diesem Punkt gerne eine eindeutige Antwort gegeben, ein klares "Ja - gefährlich" oder "Nein - unbedenklich". Doch so einfach ist das Thema leider nicht zu packen.
Eine eindeutige Antwort formt sich dennoch: Ich rate zur Vorsorge.
Mir ist nämlich immer mehr bewusst geworden, dass Elektrosmog ein Thema ist, worüber wir noch nicht genug wissen. Es könnte vieles sein und es ist vieles vorstellbar. Wir wissen es aber nicht. Das ist wie bei genmanipulierter Nahrung, wo wir ja auch nicht wissen, was uns das schlussendlich beschert.
Das sich in den letzten Jahren entscheidend was geändert hat, zeigen die Messergebnisse gerade im hochfrequenten Bereich. Die meisten Menschen in Deutschland sind heute mit dauerhafter hochfrequenter Strahlung um den Faktor 50-200 mal mehr belastet, als noch vor 15 Jahren. Die Handymasten, Schnurlostelefone und WLAN-Netze sind hierfür verantwortlich. Bei den Schnurlostelefonen sind es die permanent gepulst sendenden Basisstationen. Feldstärken durch Rundfunk und Fernsehen sind dagegen oft verschwindend gering, insofern man nicht in unmittelbarer Nähe zum Sender wohnt.
Viele Dinge, bei denen wir von Unbedenklichkeit ausgingen, sind heute wissenschaftlich belegt schädlich. Anderes wiederum, von denen wir vermuteten, es sei schädlich, wird heute als völlig unbedenklich angesehen. Von solchen Fällen hört man jedoch sehr selten, weil sie nicht so interessant erscheinen. In den Anfängen der Eisenbahn hatte man z.B. große Bedenken, dass der menschliche Organismus für solche Geschwindigkeiten nicht geschaffen sei und dies nicht aushält. Heute wissen wir, dass das zumindest ganz gut funktioniert.
Die Aussage, Elektrosmog ist völlig ungefährlich und man bräuchte sich darüber keine Gedanken machen, halte ich für dumm und unverantwortlich. Sie berücksichtigt einfach nicht die vielen Unklarheiten, die fehlenden Forschungen auf diesem Gebiet. Man muss schon ziemlich naiv sein oder etwas nicht sehen wollen, um sowas zu behaupten. Natürlich könnte diese Aussage irgendwann mal wahr werden und ich wünsche mir das auch. Aber es gibt eben auch genügend Argumente, die eine Gefährdung durch elektromagnetische Felder nahelegen.
Das Thema wird immer wieder sehr hart diskutiert, eine starke Polarisation entsteht. Oder um es thematisch passend zu sagen: Ein enormes Spannungsfeld entsteht, wenn über Elektrosmog diskutiert wird. Dies liegt vor allem daran, dass beide Parteien gute Gründe haben, warum der eigene Standpunkt so wichtig wird. Auf der einen Seite gibt es große wirtschaftliche Interessen. Gefahr, Zurückhaltung, Zweifel sind Feinde der Marktwirtschaft. Auf der anderen Seite gibt es große Ängste, die eigene Gesundheit zu ruinieren. Oder auch die Vermutung, dass die gesundheitlichen Beschwerden, die man hat, vom Elektrosmog herrühren. Wer sich gesundheitlich bedroht fühlt oder leidet, kämpft natürlich oft mit allen Mitteln gegen so eine Gefahr.
In dieser kämpferischen Auseinandersetzung passiert aber eins nur selten: Das man sich klarer darüber wird, was die wirklichen Zusammenhänge sind, was wirklich bedroht und was als harmlos einzustufen ist. Das liegt daran, dass hier Menschen zu stark persönlich verstrickt sind, als dass sie fähig wären, neutral oder objektiv zu sein bzw. sich der Wahrheit zu verpflichten. Der Geist hängt zu stark an vorgefassten Standpunkten, ist nicht mehr frei. Man kann von einem Geschäftsmann, der seinen Umsatz schwinden sieht, nicht erwarten, dass er eine vermutete Gefahr auch offen ausspricht. Und ein Betroffener wird sich schwer tun, irgendwas aus dem Bereich Elektrizität als harmlos zu empfinden, auch wenn er dies ahnt. Manche wenige Menschen, die sich stark der Wahrheit verpflichten, können das vielleicht. Die Regel ist es jedoch nicht. Wahrheit und persönliche Interessen bzw. Betroffenheit beißen sich hier.
Und dann gibt es noch die andere wirtschaftliche Seite: Die Menschen, die Geld damit verdienen, Elektrosmog-Opfern zu helfen. Auch die sind oft ganz schön mit Eigennutz verstrickt, dass man von dort auch keine objektiv-wahrhaftigen Aussagen erwarten kann. Hier geht es meist darum, ein Bedürfnis zu befriedigen, was aus der Notlage von Betroffenen entsteht. Leider ist diese Bedürfnisbefriedigung oft mehr Schein als Sein. Wenn Wahrheit und Eigennutz den Weg kreuzen, wird sich oft für Eigennutz entschieden. Ich habe selber einige haarsträubende Messungen und "Gegenmaßnahmen" von Menschen gesehen, die damit ihr Geld verdienen. Mich verwundert dies aber nicht, es ist ganz einsichtig und logisch, dass so ein schwer begreiflicher und evtl. bedrohlicher Bereich solche Merkwürdigkeiten hervorbringt.
Das Thema Elektrosmog ist also keineswegs nur die Klärung von Wirkungen von elektrischen Feldern auf den Menschen. Es spielt sich sehr viel politisches, psychologisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches rundherum ab. Manchmal habe ich das Gefühl, dass dabei die wahrhaftige Forschung auf der Strecke bleibt, die sich eigentlich mit dem Herausfinden tatsächlicher Wirkmechanismen beschäftigt.
Das Thema Elektrosmog konfrontiert uns mit etwas sehr Unangenehmen, was wir in unserer Gesellschaft schon fast wegrationalisiert haben: Mit Unsicherheit. Wir glauben, durch die ganzen wissenschaftlichen Fortschritte das Leben unter Kontrolle zu haben. Und Menschen dürsten nach klaren Aussagen, nach einem Arzt, der einem klar sagen kann, sie sind völlig in Ordnung oder sie haben dies oder jenes. Das auch hier oft nur vorgegaukelte Sicherheit vermittelt wird, dürfte klar sein. Trotzdem beruhigt es.
Das Thema Elektrosmog nötigt einen nun, sich mit der unangenehmen Unsicherheit auseinanderzusetzen. Das uns nämlich evtl. tatsächlich etwas bedroht oder eben auch nicht. Wie sollen wir mit sowas umgehen?
Unsere Gesellschaft geht dabei eben den typischen Weg der Sicherheit: Die einen behaupten, alles völliger Blödsinn, die anderen sagen, definitiv eine Bedrohung. Das bringt Sicherheit, wenn in einem Fall auch eine Ungünstige. Das ist aber für viele noch leichter zu fassen und auszuhalten, als diese verdammte Unsicherheit.
Durch meine Recherchen der letzten Monate ist mir auf jeden Fall klar geworden, dass die mögliche Bedrohung durch Elektrosmog mich schon zu einer ernsthaften Auseinandersetzung nötigt. Ich kann das nach all dem, was ich erfahren habe, nicht in die Schublade "Nonsens" oder "Unwichtig" ablegen.
Mein empfohlener Weg ist deshalb, elektromagnetische Felder in seinem Umfeld so weit es geht, zu reduzieren. Vieles lässt sich mit wenig Aufwand erledigen. Und manches lässt sich vermeiden, wenn man vor einer wichtigen Entscheidung über Risiken informiert ist. Dann verzichtet man vielleicht auf ein Schnurlostelefon oder vermeidet es in eine Wohung direkt unter einem Hochspannungsmast zu ziehen.
Auf eine Problem möchte ich noch aufmerksam machen: Die potenzielle Gefahr durch elektromagnetische Felder lässt sich ausgesprochen gut verdrängen. Man sieht, riecht, hört oder schmeckt nichts. Man bekommt keine natürlichen Belohnungen für sein vorsorgliches Handeln. Die Wohnung sieht nicht schöner aus, wenn man ein Schnurlostelefon abschaltet. Im Grunde bekommt man erstmal nichts zurück. Genau dies macht es schwer, Bemühungen um eine Reduzierung von Elektrosmog auch langfristig durchzuhalten. Es gibt nur wenige, die mit einem sofort besserem Gefühl beschenkt werden. Gerade wer Vorsorge betreiben will und nicht schon direkt Elektrosmog-Betroffener ist, wird keinen Unterschied feststellen.
Wir neigen dazu, Gefahren nicht ernst zu nehmen, die wir nicht wahrnehmen können. Wenn aus unseren Wasserhähnen grünes Wasser kommen würde, wären wir sicherlich sehr beunruhigt, auch wenn man uns sagt, das sei völlig ungefährlich, wenn auch noch wenig erforscht. Wir würden jeden Tag wieder damit konfrontiert.
Will man also ausdauernd etwas gegen elektromagnetische Felder in seinem Umfeld tun, braucht es eine Entscheidung auf Verstandesebene. Wir bekommen nicht täglich etwas vorgeführt, was uns emotional aufwühlt und uns von der Wichtigkeit überzeugt.
In weiteren Artikeln soll es darum gehen, was man konkret in seinem Umfeld tun kann, um elektromagnetische Felder zu reduzieren.